Jean Paul, eigentlich Johann Paul Friedrich Richter (1763-1825) war ein großer deutscher Schriftsteller. In seinen 62 Lebensjahren schuf Jean Paul zahlreiche Werke, darunter Biographien, Romane, Satiren und Erählungen.
Jean Paul, porträtiert von Vogel von Vogelstein 1822
Es gibt zahlreiche Briefe, die einen großen Einblick in sein Leben zulassen. In den meisten dieser Schriftstücke ließ er von "Spiz" grüßen oder erwähnte diesen in alltäglichen Situationen. Es ging so weit, dass er im Namen seines Spitzes wegen eines Stadtarrestes für Hunde 1802 eine "Supplik" (Bittschrift) für dessen Freigang verfasste. Dieses Freiheitsgesuch an Herzog von Sachsen-Meiningen Georg I. erzielte sogar Erfolg.
Dass die Hunde nicht nur in seinem Privatleben eine größere Rolle spielten, zeigt sich in dem ein oder anderen seiner Werke.
Aus Briefen von Jean Paul und durch Nahestehende, lassen sich Rückschlüsse ziehen, dass er mehrere Spitze in seinem Leben besaß:
10.02.1802 - 03.11.1802
Der erste Spitz "Spiz" wurde von einem tollwütigem Hund gebissen und musste erschossen werden. Noch am gleichen Tag zog ein Wolfsspitz bei ihm ein.
ab 03.11.1802
Der Nachfolger Wolfsspitz "Spitz 2" oder "Spitz II", der ihm geschenkt wurde.
Er sei wie ein Lamm fromm gewesen, wurde leider früh blind.
ab 27 Aug. 1805
Ein weißer kleiner Spitz namens "Alert", den er oft zu Besuchen mitnahm und ständig um sich hatte, wenn er arbeitete.
Es folgen Erwähnungen über seine Spitze aus den Briefen:
12. Februar 1802
Doch vorher, bei dem Eintrit in mein Museum wird ein gescheutes Wort mit Spiz gesprochen, der eben so antwortet. Ich habe den Hund erst vorgestern gekauft.
19. September 1802 Supplik (Bittschrift) im Namen des Spitzes an Herzog von Sachsen-Meiningen Georg I.
"Durch einige schlechte Wilddiebe und Wildspionen unter unserer Gewerkschaft ist es leider dahin gediehen, daß wir alle mit Stadtarrest belegt sind. Da wir wenig Vernunft haben — indem unsere gröste darin besteht, daß wir saufen und nicht tol sind — so kan ich nichts aufsezen; daher nimt sich mein treflicher Chef und Brodherr die Mühe, für mich Endes Unterschriebnen mehr als Endes Unterschreibenden, eine Supplik zu machen, daß ich meinem Chef folgen dürfe, wenn er nach Welkershausen oder nach Grimmathal geht. Ich kan Attestate von meinem Prinzipal beibringen, daß ich so wenig von der Jagd verstehe als er und daß ich stets hinter seinem Stok der nächste bin; und die einzige niedere Jagd und freie Pürsch, die ich mir erlaube, weil mich der R[eichs] Anzeiger dazu ermuntert, ist zu Zeiten eine Feldmaus. Da ich nun mein Brod bei meinem Brod herrn verlieren würde, wenn er mich nicht ausserhalb des Thors brauchen dürfte, wohin gerade seine Geschäfte mit mir fallen — und da ich sein einziger Viehstand bin und seine Poularderie und Fasanerie und sein Wappenthier; und da Sie ihn gewis halb so lieben als er Sie; und da Sie oft, wenn Sie bei ihm waren, die Gnade gehabt, mich armen Hund zu streicheln und zu sagen: kom Spiz — so verseh ich mich zu meinem Glüksstern und Hundsstern, daß mir verstattet werde, früher als ich zu Schuhen zugeschnitten bin und auf andern Füssen als auf fremden, vor das Thor zu kommen." Spiz p. t. Hund bei H. J. P.
21. September 1802.
Vor einigen Tagen schrieb ich an den Herzog eine erhörte Bitschrift für den Spiz in dessen Namen, weil er mit seiner ganzen Genossenschaft in Stadtarrest gethan war und nicht übers Thor hinaus mit mir solte. Jezt läuft er wieder.
3. November 1802
Leider genos mein seel. Spiz sein privileg[ium] portae nur kurz und Petrus machte ihm ein ganz anderes Thor auf. Er wurde von einem tollen vor 4 Wochen gebissen. Ich merkte von Fernen die kommende Wuth und lies ihn noch bei Verstand vor meinen Augen erschiessen. Eben bekam ich/er einen Nachläufer/fahrer. Wie ein Wolf gros.
6. April 1803
Einen neuen Spiz finden Sie auch; von dem aber nicht zu hoffen ist, daß er Sie wie der vorige sogleich bei dem Arme nehmen wird mit den Zähnen, um Sie aus Liebe zu fressen. Der Hund von einem Hund ist leider ein Lam, und ich mus ihn hezen.
18. Jun. 1803
Der Spiz II verspricht — weiter weis er Politesse nicht zu treiben — Sie nicht bei dem Arm zu nehmen mit dem Gebis.
13. Mai 1805 (Emanuel Osmund an Paul Emile Thieriot)
Richter, so war's, ließ einen Bogen von dem Dir verheißnen Büchlein kaum zur Erde fallen, als Spitz Richter – wie ein unvernünftiger Rezensent – darüber herfiel und es zerbis und zerzauste.
6. Februar 1805 (Emanuel Osmund an Paul Emile Thieriot)
Der Spitz ist blind geworden, davon gelaufen und hat den Weg nicht wieder nach Hause gefunden (er ist wieder da, also 2.) Richter hat ihn auch nicht suchen lassen, aber einen neuen Spitz und einen Canarienvogel. Diesen kauft' ich ihm geschwind – er singt himmlisch – um ihn v. jenem dadurch abzuhalten; weil ich dachte: wer eine so liebenswürdige Caroline (die keinen Hund leiden kann) 3 dergleichen Kinder und einen singenden Canarienvogel hat, könnte wohl einen Spitz entbehren.
27 Aug. 1805
Es ist der Mühe werth, noch eine Nach-Nachschrift anzuleimen, blos um Ihnen von dem Jammer einen Begriff zu geben, der mich nun festhält, seit mein letzter gebissener nie beissender Spitz vom Fallmeister entkleidet und geschunden worden; indem ich wöchentlich andere Novizen-Hunde zur Probe nehme (z. B. vom Fallmeister selber ((wer ist nicht ein Meister im Fallen)) einen herrlichen zu jungen Bullenbeißer) welche aber sämtlich (z. B. eben der heutige jetzige schwarze Jung-Spitz) abgehen müssen blos weil sie ihren Abgang in die Stube lassen. Überall Denkmäler und nirgends ein Hund! Mich schlägts nieder genug. Heute den 1. September habe endlich einen niedlichen Schooßspitz erstanden.
13. Jun. 1812
Da hier jetzt die Hunde ein Halsband oder einen Führbindfaden haben müssen, um nicht todtgeschlagen zu werden, hab’ ich meinem eine Visitenkarte umgehängt: Alert. Wirklicher Hund von H. Jean Paul
Der Spitz in Jean Pauls Werk
Hesperus, oder 45 Hundposttage (1795)
In seinem Werk 45 Hundposttage spielt der Spitz namens "Spizius Hofman" einen Boten, welcher am Hals eine Kürbisflasche mit Nachrichten trägt. Dabei schwimmt er über den indischen Ozean und das an 45 Tagen, während der Protagonist Hauptmann Jean Paul auf seiner Insel St. Johannis wartet.
Spizius Hofman heißet der Hund: der war die Ratte und kratzte an der Thüre mit dem zweiten Kapitel im Kürbis.
Der Spitz in Jean Pauls Werk
Leben Fibels. Des Verfassers der bienrodischen Fibel
Ein Roman geschrieben zwischen 1806 und 1811
Selber gegenwärtiger Mitarbeiter an der Lebensbeschreibung wurde in dem hohen Begriff, den er sich längst von Fibels Gutmütigkeit gemacht, ungemein durch folgende kleine Pelzische Pinselstriche bestärkt. Der gute Held nahm vor jedem die Jungen ätzenden Vogel den Umweg; er vermied so ängstlich, falsche Erwartungen in seinem Seidenpudelspitz* zu erregen, daß er, da derselbe von allem Eßbaren seinen Bröckchen-Fleischzehend erhob, ihn an ungenießbare Sachen, z. B. Obst, das er aß, riechen ließ, damit sich Spitz auf nichts vergeblich spitzte. Trugen hingegen Täuschungen zum Glück des Hundes bei, z. B. dessen Voraussetzungen unter Fibels Ankleiden, mitlaufen zu dürfen: so ließ er dem Hunde das Hoffen und sagte nur beim Abgehen: zurück! und fragte jeden: warum dem Tiere die kurze Lust nicht gönnen? Aus derselben warmen Herzens-Quelle springt auch seine Sitte, Spitzen, der alles Beste ohne rechten Genuß auf einmal durch die Gurgel jagte, dadurch zu einem feinern Lebens-Genuß zu zwingen, daß er z. B. die Fleischstücke, in gebrochne Brüche zerfällt, überall in der Stube umhersäete und ihn so nötigte, nicht nur mehrere kleine Hoffnungen, sondern auch Bissen mit wahrem Geschmacke zu verzehren.
*Weiterlesen: Was ist ein Seidenspitz?
Quellen:
Leben Fibels, des Verfassers der Bienrodischen Fibel, Jean Paul (De Gruyter 1811)
Selberlebensbeschreibung. Autobiographie. Fragment, posthum, 1826.
https://www.jeanpaul-edition.de/
Gedanken-Sprünge eines der Cholera Entronnen, Franz Freiherrn von Gaudy (1832)
https://de.wikipedia.org/wiki/Jean_Paul#/media/Datei:Die_Gartenlaube_(1863)_b_005.jpg
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