Hunde in der mykenischen Kunst
Die Domestizierung des Hundes liegt mindestens 15.000 Jahre zurück, wahrscheinlich sogar noch länger. In verschiedenen Teilen der Erde entstanden Bündnisse zwischen den Zwei- und Vierbeinern. Doch es war nicht nur der Nutzen für beide Parteien, es entwickelte sich relativ früh eine tiefe Mensch-Tier-Beziehung. Einige Beweise dafür lassen sich in archäologischen Aufzeichnungen finden.
So tauchen beispielsweise in der mykenischen Kunst (Bronzezeit, ca. 3000 v. Chr. - 1200 v.Chr.) häufig Hunde auf. Selbst die Bestattung von Menschen zusammen mit Hunden war ein bekannter mykenischer Brauch.
In der später folgenden klassischen griechischen Zeit (ca. 500–336 v. Chr.) wurden tatsächlich schon die ersten Rassen selektiert und diese Hundezucht war durchaus beliebt. Denison Bingham Hull sammelte in seinem Werk "Hounds and Hunting in Ancient Greece" (1964) geduldig die Namen von mindestens 29 verschiedenen Rassen, ohne die möglicherweise importierten Rassen mitzuzählen.
Es finden sich Erwähnungen zu kastrischen, molossischen, kretischen, lakonischen Hunden und viele mehr, jeder mit spezifischen Eigenschaften, die ihn für Menschen attraktiv machten. Es ist schwierig, wenn nicht unmöglich, diese Beschreibungen mit modernen Rassen gleichzusetzen, aber man kann mit Sicherheit sagen, dass griechische Hunde in drei grundlegende Kategorien fallen.
Verschiedene Typen von Hunden
Zur ersten Kategorie gehörten Hunde, welche die meiste Zeit draußen verbrachten und die möglicherweise nicht als vollwertige Haustiere angesehen wurden. Sie waren wohl eher scheu und blieben einfach nur in der Nähe von Menschen.
Zur zweiten Kategorie gehörten Hunde, die zur Jagd verwendet wurden. Sie wurden auf Ausdauer, Geschwindigkeit, Verfolgen von Wild sowie starken Arbeitswillen hin selektiert. Diese Hunde – die häufigsten waren lakonisch (spartanisch) und kretisch – spalten sich vom gewöhnlichen Haustier ab, da sie als Arbeitstier dargestellt wurden. Auf griechischen Vasen begleiten sie junge Aristokraten auf der Jagd nach Hirschen, Hasen und Wildschweinen. Sie werden auch häufig in Szenen gezeigt, in denen Krieger in den Kampf ziehen, was möglicherweise auf die enge Verbindung zwischen Menschen und Hunden hinweist. Zur dritten Kategorie zählten Hunde, die als reine Haustiere gehalten wurden. Diese Hunde waren oft etwas kleiner. Sie dienten keinem praktischen Zweck, sondern leisteten ihren Besitzern Gesellschaft und boten diesen Unterhaltung und Freude.
Kleine Hunde als Geschenk zur jährlichen Feierlichkeit
Jedes Jahr fand ein mehrtägiges Fest zu Ehren des Dionysos namens Anthesteria statt, das von großer Heiterkeit und Trinkgelage geprägt war. Zu dieser Festlichkeit gehörte auch das Choenfest (Kannen- oder Trinkfest), das am zweiten Tag stattfand. Aus diesem Anlass bekamen vor allem Dreijährige erstmals ihren eigenen Krüge (Choenkännchen) geschenkt. Dies war eine Art Initiationsritus, da man glaubte, dass aufgrund der hohen Sterblichkeit im Säuglings- und Kleinkindalter die Kinder in diesem Alter die größten Gefahren überstanden hätten.
Die Choenkännchen waren Miniaturversionen von den großen Krügen namens "Choes". Auf den Choenkännchen waren häufig Jungen oder Mädchen mit einem melitanischen Hund dargestellt. Neben einem Choenkännchen war es nicht unüblich zur Anthesteria ein Haustier als Geschenk zu erhalten.
Ein Choenkännchen aus The British Museum zeigt einen kleinen Jungen mit zwei Haustieren: Ein melitanischer Hund und ein Vogel (evtl. eine Dohle oder Singvogel).
Was steckt hinter den Begriffen melitanischer Hund, Maltese Dog oder Melitean?
Griechische Schriftsteller nannten diese Hunde Μελιταῖον κυνίδιον (Melitaion kunidion), lateinische Schriftsteller hingegen nannten sie "Melitaeus catulus". Die Bezeichnung wird manchmal im Englischen als Melitean, Melitaean, Melitæan, Melitaian oder Maltese übersetzt. Das kann sehr verwirrend sein, denn so werden Bilder, Texte oder Quellen schnell einem Maltesischen Hund zugeordnet, welcher heute eine etwas andere Rasse darstellt als es damals der Fall war.
Sinnvoll wäre wohl die Bezeichnung "Melitan" oder "melitanischer Hund", weil dieser Name am wenigsten falsch buchstabiert werden kann und sich eindeutig vom Rassenamen des modernen Maltesers unterscheidet.
Der Namensteil „Melitan“ soll darauf hindeuten, dass die Hunde von Melitē abstammen. In der Antike gab es mindestens zwei Orte mit diesem Namen.
Strabon (um 63 v. Chr. – 23 n. Chr., ein antiker griechischer Geschichtsschreiber und Geograph) sagt, dass die melitanischen Miniaturhunde von der Insel Melitē in der Nähe von Pachynus stammten (Kap Passaro), das heute das moderne Malta ist. Plinius der Ältere (um 23 -79 n. Chr., römischer Gelehrter und Autor eines enzyklopädisches Werk zur Naturkunde) stellt die These auf, die Hunde stammten von der Insel Melitē in der Adria, die heute als Mljet in Kroatien bekannt ist.
Wir können also nicht sicher sein, ob die melitanischen Hunde von einer Insel im Süden oder Norden Italiens stammten oder ob beide Autoren tatsächlich dies nur vermuteten.
In jedem Fall gehörten die melitanischen Hunde zur 3. Kategorie, sie waren keine "Malteser" wie wir sie heute kennen, auch wenn sie bei Damen und Kindern sehr beliebt waren. Sie hatten überwiegend die Funktion als Schoßhündchen, Spielgefährte und Begleithund.
Obwohl die melitanischen Hunde überwiegend mit Kindern und Frauen in Verbindung gebracht wurden, gab es gelegentlich Darstellungen mit erwachsenen Männern.
Die Zahl der Haustiere, die mit Menschen auf Grabstelen, Vasen und anderen Gegenständen erscheinen, bezeugt die Tatsache, dass viele Griechen eine starke emotionale Bindung zu ihren Haustieren entwickelten.
Auf einen Krug aus the British Museum ist ein junges Mädchen zu sehen, das eine Schildkröte an einer Schnur am Hinterfuß durch die Luft schleudert und dabei ihren Hund ärgert. Dies kann mit Darstellungen auf Grabstelen von Kindern verglichen werden, die gleichermaßen Vögel über hoch springendene Hunde halten. Diese Darstellung sollte womöglich eine Art Spielszene zeigen.
Quellen:
Strabon, 6.2.11.
Plinius, Naturgeschichte , 3.152.
Literatur:
"Hounds and Hunting in Ancient Greece" Denison Bingham Hull (1964), The University of Chicago Press
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