Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) listet auch mit Stand Januar 2022 den Großspitz als extrem gefährdet auf. Das bedeutet, dass - wie wir alle wissen - der Großspitz vom Aussterben bedrohtist. Dies solltendie Großspitzzüchter:innen unter uns zu verhindern versuchen.
Laut Zuchtordnung sind Farbverpaarungen innerhalb des Größenschlages Großspitz zwischen Schwarz und Braun; Schwarz und Weiß erlaubt. Darüber hinaus bietet das Zuchtprogramm 2021 zur Erhaltung der weißen, braunen und schwarzen Groß-, Mittel- und Kleinspitze weitere Möglichkeiten, wie z.B.
eine Genehmigung der Verpaarung weißerMittelspitze mit weißen Großspitzen sowie schwarzer bzw. brauner Mittelspitze mit schwarzen bzw. braunen Großspitzen;
eine Sonderregelung für Registerhunde.
Zusätzlich beschloss die von der Generalversammlung beauftragte Zuchtkommission am 25.09.22, dass der Standard für den Großspitz hinsichtlich der Farben an den der Mittel- und Kleinspitze (Weiß, Schwarz, Braun, Orange, Graugewolkt, andersfarbig) angepasst werden soll. Die Umsetzung des Beschlusses zur Farböffnung wird aber in der Praxis noch Zeit brauchen, weil Voraussetzungen erfüllt sein müssen und die Beantragung beim VDH erfolgen, dort geprüft und genehmigt werden muss.
Der VfDSp versucht mit diesen Maßnahmendie Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass wir Züchter:innen den Großspitz vor dem Aussterben bewahren können.
Natürlich sind nicht alle Züchter:innen von einer Verpaarung mit Mittelspitzen oder der zukünftigen Farböffnung begeistert. Ohne diese Maßnahmen würden wir die Großspitzzucht aber immer weiter verengen - statt sie zu öffnen – und würden sie in eine Sackgasse steuern.
Ebenso sind Bestrebungen von einzelnen Züchter:innen nicht zielführend, die meinen zwischen einer "altdeutschen" Linie „vom alten reinen Schlag "ohne Fremdeinmischung" (z. B. des American Eskimo Dogs) und einer "modernen Linie" unterscheiden zu müssen. So wie wir beim Großspitz (GS) keine Arbeits- oder Showlinie kennen, so kennen wir auch keine altdeutsche und moderne Linie. Als Großspitz gibt es nur den Großspitz!
Bestrebungen, nach imaginären Zuchtlinien zu unterscheiden, würden ebenso dazu führen, die Großspitzzucht weiter zu verengen und sie in den dann verschiedenen imaginären Zuchtlinien jeweils in eine Sackgasse zu steuern. Da leider immer wieder massive Kritik aufkommt, dass Züchter:innen Hunde in der Zucht verwenden, die American Eskimo Dogs (AED) in der Ahnentafel aufweisen, möchte ich auf dieses Thema hier noch einmal eingehen:
Zur Erinnerung: Die weißen Großspitze wurden als German Spitz von deutschen Einwanderern und deren Nachkommen bis zum 1. Weltkrieg in Nordamerika gehalten. Wegen der Politikund dem negativenAnsehen Deutschlands wurden sie dann kurzerhand in "American Eskimo" umbenannt. Vor einigen Jahren kamen nun die ersten "American Eskimo" wieder nach Deutschland und Holland als Importe zurück,um neues Blut in die sehr eng verwandten alten deutschen Zuchtlinien einzubringen.
Kritische Stimmen beziehen sich in ihrer Argumentation auf die Studie „Genetic Diversity Testing for American Eskimo Dog“ des Veterinary Genetics Laboratory (VGL). Leider werden einige Punkte dieser Studie selektiv völlig falsch dargestellt. Insbesondere wird fälschlicherweise behauptet, die Studie besage, dass der Standard American Eskimo Dog 20-25% seiner Gene mit dem Samojeden (SJ) teilt und daraus wird der ebenfalls falsche Schluss gezogen, dass der Samojede in den AED eingekreuzt wurde. Daher soll sich der AED zu einer völlig anderen Rasse entwickelt haben, die sich nicht dazu eignet, in der GS-Zucht verwendet zu werden. Diese Behauptung ist falsch!
Im Rahmen der Studie des VGL wurde vielmehr festgestellt, dass es zwar eine eindeutige Übereinstimmung von zwei Haplotypen gibt, was aber nur nahelegt, dass die AED und der SJ gemeinsame Vorfahren haben. Die Tatsache, dass diese Haplotypen in beiden Rassen aber nur in geringem Umfang gefunden wurden, deutet darauf hin, dass diese gemeinsamen Vorfahrenin der Geschichte beider Rassenweit zurückliegen.
Um es noch einmal klarzustellen, die Studie hat weder festgestellt noch eine Aussage darüber getroffen, dass der AED 20-25% seiner Gene mit dem SJ teilt, was Dr. Felipe Avila – der Verfasser der Studie - des VGL auch nochmal nachträglich schriftlich bestätigt hat.
Es ist weit verbreitetes Wissen, dass der AED vom Deutschen Spitz abstammt und dass dieser wiederum gemeinsame Vorfahren mit verschiedenen Spitzhunden u.a. dem SJ hat. Infolgedessen ist es wenig überraschend, dass auch der AED gemeinsame Vorfahren mit dem SJ hat. Aufgrund der Tatsache, dass das Zuchtbuch des AED bereits seit 1969 geschlossen ist, ist es zudem sehr unwahrscheinlich, dass jüngere Einkreuzungen des SJ stattgefunden haben, was die Studie, aufgrund der geringen Übereinstimmung mit dem SJ, auch bestätigt.
Insofern ist nicht zu befürchten, dass der GS durch die Zucht mit Hunden, die AED in der Ahnentafel aufweisen, vom SJ unterwandert wird oder zum SJ mutiert.
Unser Großspitz bleibt Großspitz!
Wir GS-Züchter:innen sollten alle an einem Strang ziehen. Viele Wege führen zum Ziel und unterschiedliche züchterische Ansätze sind durchaus im Rahmen der vom VfDSp gebotenen Rahmenbedingungen erwünscht. Natürlich meinen wir (fast) alle, die beste Zucht / den besten Deckrüden / den besten züchterischen Ansatz zu haben. Das darf aber nicht dazu führen,dass sich einzelneZüchter:innen / Deckrüdenbesitzer:innen über andere Züchter:innen erheben, diese verunglimpfen und in schlechtem Licht erscheinen lassen … vor allem nichtvor Interessent:innen oder öffentlich im Internet, in sozialen Medien oder sonstigen Veröffentlichungen. Das schädigt letztlich den Verein und schadet vor allem dem Großspitz.
Bericht verfasst von Martin Eckhardt (Rassebeauftragter Großspitze im Verein für Deutsche Spitze e.V.)
erschienen am 19.04.2023
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